Neues Jahrzehnt – neue Chance

Eurosport Live Übertragung Eisbären-Icetigers war ein toller Fernsehabend.

Nach Lena Meyer-Landrut Endlosschleifen auf Pro7, Dschungel-Camp Verdruß und der gefühlten 1000ten Good-by-Deutschland Sendung konnte man am Dienstag, den 01.Februar 2011, richtig gutes Entertainment in der freien deutschen Fernsehlandschaft erleben. Das DEL Spiel Eisbären Berlin gegen die Icetigers aus Nürnebrg war ein tolles Erlebnis. Geschwindigkeit, Technik und Enthusiamus wurden ohne ständige Pausen und Schlägereien dargebracht. Die Spannung war bis kurz vor Schluß (4:1 in der 57ten Minute) vorhanden.

Da kann man nur hoffen, daß es in absehbarer Zeit nicht bei acht Sendungen pro Saison bleibt! 

Es war nicht nur das Spiel an sich das gefiel, sondern auch Kommentar, Interviews (gegenüber Sport1!) und Kameraführung verdienten echtes Lob. Man fragt sich an einem solchen Abend nur: Was ist los mit den Deutschen? 

ber-nurWie kann man Josef, Ronny, Hubert und Heinz hinter dem Ofen hervorholen und für die schnellste Mannschaftssportart der Welt etwas mehr begeistern? Der Weg führt mit Sicherheit über das freihe Fernsehen. Denn in den 90er Jahren war die Sportart schon kurz vor dem Durchbruch. Ein Fernsehvertrag mit Sat1 und stetig wachsende Zuschauerzahlen in den Stadien ließen viel Eishockeyfans hoffen. Aber es kam ganz anders. Die Funktionäre beschlossen die Bundesliga in DEL umzubauen, machten Maskottchen-Namen zur Pflicht für jeden Verein und verfielen in den Folgejahren aus lauter Gier dem PayTV-Sender Premiere (jetzt Sky). Anstatt organisch zu wachsen wollte man auf Bruch nordamerikanische Verhältnisse (NHL) schaffen. Sinkendes Zuschauerinteresse, Pleiten und letztlich der Abstieg der Nationalmannschaft in die B-WM (sicherlich auch bedingt durch die völlige Öffnung der DEL für Kontingentspieler 1997) waren die Folge.

auf schalke20 Jahre später bescherten uns die „jungen Wilden“ von Uwe Krupp ein Frühjahrsgeschenk, wie es wohl in den nächsten zwanzig Jahren nicht mehr so schnell kommen wird. Eurosport ermöglicht Live-Übertragungen im freien Fernsehen. Da sind jetzt nur noch die Herren von Verband und Ligen gefragt! Kann man es im nächsten Jahrzehnt besser machen? Der Deutsche Eishockey Bund setzt einen Anfang und orientiert sich in Richtung web 2.0. Kaum zu glauben! Denn bisher hatte man sich im Eishockey sehr selten wirklich am „Kunden“ orientiert. Fans sollten zahlen, singen und zuschauen, aber die Interessen von Clubs und Spielern hatten immer oberste Priorität. Wer in der Drittelpause ein Interview gab, wurde meist als Wichtigtuer abgestempelt. Das hat sich schon seit geraumer Zeit geändert. Vielleicht sollten sich alle Funktionäre und Manager, wie in der Medizin die Ärzte, ständigen Fortbildungsmaßnahmen unterziehen. Trainer machen das schon seit jeher ein bis zweimal pro Saison. Allerdings bisher nur im sportlichen Bereich. Auch im Management kann man heute sehr viel lernen.

Alle Krisen haben den Vorteil, daß die „Überlebenden“ gestärkt in die nächste Epoche voranschreiten. Clubs wie Köln, Düsseldorf, Krefeld oder Hannover haben im letzten Jahrzehnt bestimmt enorm viel Erfahrungen gemacht, Probleme bewältigt und Chancen genutzt. Bis jetzt kann man sie alle als „Überlebende“ bezeichnen. Eine Erkenntnis wird sich bei allen zeigen: Man muß viel näher an den Kunden / Fans dran sein als früher. Sonst verliert man sie, wie die DEG oder auch die Haie. Image und Bekanntheit muß man anstreben. Nicht jeder für sich. Denn die Eisbären aus Berlin haben in diesem Bereich in den letzten Jahren zwar erstklassige Arbeit geleistet. Aber selbst sie konnten den Bekanntheitsgrad der Sportart nicht signifikant erhöhen, obwohl die Berliner in ihrer Region und Branche die eindeutige Nummer 1 sind (evtl. sogar noch vor Hertha).

In der Epoche von Social Media (z.B. Youtube, o.a.) sollten Live-streams kein Thema mehr sein. Um einen großen Sprung nach vorne machen zu können, wären frei verfügbare Live-Spiele auf DEL.org eine von zahlreichen Möglichkeiten. Das hieße jedoch, erst investieren, dann kassieren. Ob Funktionäre und Manager aus dieser Sportart zu solchen neuen Schritten bereit sein werden, wird sich zeigen. Man kann es nur hoffen. Um „branchenfremde“ Kunden zu gewinnen, wäre auch eine Zusammenarbeit mit ARD/ZDF Wintersport erstrebenswert. Einblendungen zwischen Biahtlon, Abfahrt und Eisschnelllauf könnten, ähnlich einer Konferenzschaltung, laufen. Man stelle sich vor:

Maria Riesch hat gerade ihren Abfahrtslauf in Garmisch-Partenkirchen beendet, da meldet sich der Reporter aus Köln: „Tooooor in Köln! Gogulla erzielt die 3:1 Führung für die Haie!“ Dann folgt die Szene in Echtzeit mit diversen Zeitlupen und Erläuterungen. Danach meldet sich wieder der Reporter aus Garmisch-Partenkirchen: „Nun steht Lindsey Vonn am Start, Rieschs stärkste Konkurrentin um den Gesamtweltcup…“ nt>

Dazu müssten allerdings die Herren aus der DEL auch zu Spielzeiten bereit sein, die bisher nicht wirklich an der Tagesordnung waren. Aber wer nahe an Kunden dran sein will, die es zu gewinnen gilt, muss sich auch an diesen orientieren.

Wieso eigentlich neda?

Über Manuel Hiemer

Vizepräsident Landeseissportverband Sachsen-Anhalt; Vorstand Eis- und Sportverein Halle (Saale) e.V.; Inhaber M Solutionis (Online Marketing Agentur); ehem. Eishockeyspieler (EHC München, Dragodiles Bad Aibling, EV Landsberg, Star Bulls Rosenheim, Bemidji State Beavers, Silver Bay Mariners, Sportbund DJK Rosenheim)

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